Dunkle Wolken

Veröffentlicht am 24.11.2017 in Kommunalpolitik

(Artikel veröffentlich in der Wachtel Dez 2017)

Die Adventszeit ist gekommen – und mit ihr die sogenannte dunkle Jahreszeit. Und wohl selten hat sie so sehr ihrem Namen alle Ehre gemacht. Düstere Gedanken treiben mich um, wenn ich auf die Politik schaue – egal, ob in unserem Rathaus oder in Berlin.

 

Was in Berlin entschieden ist, wenn diese Ausgabe erschienen ist, mag man kaum abschätzen. Aber was wir in den letzten Wochen erlebt haben, war ein Armutszeugnis der Volksvertreter. Ein Selbstdarsteller der FDP wirft planmäßig das Handtuch, weil ihm plötzlich auffällt, dass es vielleicht mit so dünner Personaldecke in der eigenen Partei für das Image, vor allem das eigene, gar nicht mal so gut wäre, zu regieren. Oder gar Minister zu stellen. Denn was auch immer die Satiriker so sagen, so ein Ministerium ist auch ernsthafte Arbeit, für das Land, für die Menschen. Oder die beteiligten Bayern, denen es mehr um die Personal-Profilierung für die kommende Landtagswahl ging. Oder eine Kanzlerin, die in dem ganzen Egomanenhaufen nicht zu vermitteln vermochte. Das wäre Ihr Job gewesen, aber sie war fast nicht wahrzunehmen die ganze Zeit. Aber es war wie schon die ganzen Jahre zuvor – wegducken, abwarten. Dass die SPD endlich mal den Mut hatte, die Opposition zu wählen, hat mir sehr gefallen – nur in solchen Krisen war in der Geschichte eine Erneuerung der Partei möglich (übrigens so auch bei der CDU, die plötzlich in der Opposition landete bei Willy Brandt damals). Und damit meine ich nicht nur Inhalte, sondern auch Strukturen – und vor allem Posten. Das hat in der letzten Zeit erstmal nicht so gut geklappt, bislang wurde der Vorstand nur einmal durchgetauscht. Das gibt gerade ein Rumoren an der Basis, von dem wir erst den Anfang erleben, dazu hat mich neulich sogar Antenne Brandenburg interviewt. Lassen wir uns mal überraschen. 

Der Ruf nach Neuwahlen nach dem Scheitern der „Schwampel“ hat mich dann richtig böse gemacht.

Meine Kritik geht an alle Parteien – sagt mal Ihr Volksvertreter, habt Ihr vergessen, dass es bei der Regierungsbildung um die Zukunft unseres Landes geht, um alle Menschen – und nicht um die Profilierung und Posten einiger weniger? Die Eitelkeiten gehen von den Machtkämpfen bei den Profilneurotikern der Linken-Parteispitze bis zu den Selbstverliebten in der FDP. Es macht mich wirklich böse. Warum trauen sich die Parteien nicht, mal richtige Demokratie zu leben mit einer Minderheitsregierung, die Ihre Politik auch in Disputen verteidigen muss. In Skandinavien, in Portigal, in Italien geht das auch. Und die Menschen dort sind alle nicht als Miesepeter bekannt. Es geht also. Wenn man will. Nur in Deutschland, wo dann bei so unklaren Perspektiven auch die Lobby plötzlich gar nicht wüsste, wen sie nun beeinflussen muss, haben alle Angst. Hat ja keiner gesagt, dass Demokratie einfach sein würde. Um die Neuwahlen, die ein Affront gegenüber allen Wählern wären, zu verhindern, soll die SPD im Zweifel alle Zusagen machen, die nötig sind. Es kann doch nicht sein, dass wir alle so oft wählen sollen, bis es den Abgeordneten gefällt. Verdammte Hacke, reißt Euch mal zusammen und macht Euren Job! Die Groko ist ja eigentlich der Ausnahmefall in Demokratien, in lebendigen Parlamenten leben wir oft mit knappen Mehrheiten. Darum ist das wirklich der letzte Ausweg, wenn sich alle anderen Parteien zu fein sind. Es gefällt mir nicht, denn die SPD kann dann ihr Profil nicht neu schärfen. Nicht endlich zu den Themen Sicherheit, Zukunft der Arbeit, der Pflege, Landwirtschaft und Energiewende klare Linien festlegen. Aber man kann doch dem Volk nicht einfach seine Stimmen zurückgeben, weil es „doof“ gewählt hat.

 

Dunkle Wolken auch über dem Rüdersdorfer Parlament – wenn es um die Kultur der Gemeinde geht. Schon oft habe ich darüber hier geschrieben, weil ich neben meinem Politik-Ehrenamt Journalist, Fotograf, Grafiker und Musiker bin. Als Kreativer weiß ich aus tiefstem Herzen, dass Kunst und Musik wichtig ist für uns alle - und Missgunst jede Kreativität ersticken kann. Und genau das passiert in unseren Gremien. Was genau glauben manche Lokalpolitiker eigentlich, wo sie ihre selbstverliebten Reden halten? Im Bundestag? Ich habe nie verstanden, was Parteipolitk in kommunalen Parlamenten verloren hat. In den Gemeindevertretungen geht es um unser aller Leben, ganz nah, da draußen vor der Tür. Es muss da um die Sache gehen, an der wir gemeinsam arbeiten, um das Beste für unsere Orte zu schaffen. Wenn ein Gemeindevertreter mit Triumph eine falsche Zahl in einer Vorlage einer anderen Partei oder der Verwaltung findet und sich daran abarbeitet, dann ist das armselig. Der eine gönnt dem anderen das Schwarze unter den Fingernägeln nicht – nur um seine eigenen Interessen zu bewahren oder um sein Ego zu befriedigen. Mich lässt die politische Kultur in unserem Ort gerade ratlos und verzweifelt zurück: Wann lernen wir wieder, zusammen zu arbeiten, anstatt den anderen in die Pfanne zu hauen? Wann hören die Winkelzüge auf? 

Bei der Kultur machen da gerade Menschen, die vom Kulturbetrieb ungefähr so viel Ahnung haben wie die Kuh vom Radfahren, jahrelange Arbeit sehenden Auges zunichte. 

Ich meine nicht die Kultur GmbH an sich, da ist gewiss viel falsch gelaufen und da müssen auch alle, die da Mist gebaut haben, zur Verantwortung gezogen werden. Die, die sich auf Gemeindekosten bereichert haben. Die, die ihren Job nicht gemacht haben. Die, die fahrlässig mit der Gesellschaft umgegangen sind. Vom Gesellschafter und Aufsichtsrat über Mitarbeiter bis hin zur Buchhaltung. 

Nein, das Kind ist in den Brunnen gefallen, und da haben auch sehr viele Schuld. Wer eine Kultur-Gesellschaft als „Bad Bank“ installiert und dem Betrieb alle defizitären Veranstaltungen überhilft, von ihr zu billigsten Preisen Räume und Service fordert, sie immer, wenn irgendwo etwas zu feiern ist, zur Hilfe ruft und schlecht bezahlt, dann muss man sagen: der Plan hat nicht funktioniert. Die Idee war gut: Wir subventionieren die Kultur mit 400.000 Euro im Jahr und lassen die Bude alle unsere Feiern machen. Die meisten Veranstaltungen werden günstig gehalten, Vereine können ihre Events zu erträglichen Kosten veranstalten. Das wäre gegangen, wenn da nicht 17 Hektar Museumspark mit diversen zu pflegenden Denkmalen wären, wenn da nicht ein Kulturhaus wäre, dass allein Heizkosten einer modernen Reihenhauszeile verursacht. Allein die „Immobilien“ bekommt man mit dem Geld nicht in den Griff, die Kultur bleibt da auf der Strecke. Es ist eine schöne Idee, eine Kultur-Gesellschaft zu haben, die kostendeckend für uns alle Kultur bieten kann – aber dafür bräuchte man gute Substanz der Gebäude. Haben wir aber nicht, die nächsten Millionen, die das Kulturhaus überhaupt erst für die Brandschutzauflagen einer Veranstaltungsstätte fit machen, drohen. Oder wir brauchen einfach mehr Geld. Aber die Probleme liegen weiter zurück. Die GmbH wurde, wie es in Rüdersdorf leider Usus ist, zu einem politischen Spielball. Das Geld reichte hinten und vorne nicht (siehe oben) – und die lokale Politik war hilflos. Nicht macht-, sondern hilflos. Sehr spät erkannten dann auch die letzten, dass es sich nun nicht mehr über die üblichen Hahnenkämpfe der Narzissten in der Gemeindevertretung lösen ließ. Als dann der Geschäftsführer das Handtuch warf, kam alles Stück für Stück ans Licht, was schon so viele Jahre gelaufen war. Aber nicht weiter klappen konnte. Ein Ort, der sich alle Feiern von einer eigenen Gesellschaft ausrichten lässt, ist entweder reich – oder lebt über seine Verhältnisse. Das verstehen nun viele. Vor knapp zwei Jahren habe ich an dieser Stelle einmal geschrieben, dass wir keine Politik mit Weitsicht haben in unserer Gemeinde. Von vergangenen Rücklagen die Haushalte ausgleichen, kaum innovative Wirtschaftsförderung anstoßen, den Einzelhandel ohne Unterstützung sich selbst zu überlassen bis zum Leerstand – es ist nicht viel passiert, um zu vermuten, dass es gleich rasant aufwärts geht. Es wurden schlicht keine Spuren gelegt. Warum haben wir, wo wir eine Gemeinde mit einem „eigenen“ Kraftwerk sind, noch keine Ladestation für Elektromobilität? Vor gut zwei Jahren haben wir begonnen, an unserem Image zu feilen, neues Logo, selbstbewusster Auftritt. Viel Werben mit unserer Kultur und dem Industrieerbe im Museumspark als Tourismusmagnet, als Wirtschaftsfaktor. Da musste ich mir von einem ewig gestrigen Gemeindevertreter, der in letzter Zeit etwas mit ziemlich großen Häusern in dem wohl hässlichsten Grün der Farbskala (ich darf das sagen, ich bin Profi, was Farben angeht) zu tun hat, sagen lassen, dass da ja wohl nicht nötig ist, schließlich sei das ja nur für die Rüdersdorfer. In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so einen Schwachsinn gehört – denn es geht ja seit Jahren darum, dass wir Menschen von überall her in unseren Museumspark und das Kulturhaus locken. Nicht eine große Veranstaltung könnte nur von Rüdersdorfer Gästen leben. 

Und genau diese Vielfalt, diesen Ruf droht jetzt Prinzipienreiterei kaputtzumachen. Ich weiß nicht, ob eine Lösung gefunden ist, wenn Sie diese Zeilen lesen, aber ein Grabenkampf von Gemeindevertretung und Verwaltung sorgt dafür, dass gerade der Rathauschef seiner Meinung nach rechtlich keinen anderen Ausweg sieht, als Kulturhaus und Park für die nächsten Monate zu schließen. Ein Anwalt hatte in mehreren Sitzungen mehr schlecht als recht allen Politikern erklärt, was es für Zukunftswege für die Kultur GmbH gibt. Und den offensichtlich für alle finanziell günstigsten Weg haben viele gewählt. Man kann niemandem einen Vorwurf machen, der Advokat hat viel im Nebel gelassen und immer nur auf neue Nachfragen etwas besser formuliert. Was aber (wenn es wie gesagt so bleibt, wie es gerade aussieht, als ich diese Zeilen schreibe) dazu führt, dass die Gemeinde zum 1.1.2018 Kulturhaus und Park wieder zurückbekommt, damit die GmbH liquidieren kann. Und ohne Kreativität bei Übergangsverträgen führt das dazu, dass die Orte geschlossen werden müssten die nächsten Monate. Denn die Gemeinde hat weder Personal noch ganz praktische Dinge wie Veranstaltungshaftpflicht etc., um Events durchzuführen. Die Verwaltung müsste den Liquidator fragen, ob er für die schon von außen gebuchten, gewinnbringenden Veranstaltungen die Firma weiter nutzen kann. Ich habe ihn gefragt: er sagt ja, wenn ihm die Gemeinde da Einzelverträge anbietet, macht sie aber nicht, wegen der Rechtsunsicherheit. Und da kommt die Politik ins Spiel: Weil Dinge beschlossen wurden, die nicht zu Ende gedacht wurden, will nun keiner sein Gesicht verlieren. Als ob wir in der großen Politik wären, was für ein Unsinn. Das geht vom Ausschussmitglied bis zum Bürgermeister: Reißt Euch doch mal zusammen. Ihr droht damit all das Image, das Rüdersdorf in den letzten Jahren als Kultur-Ort aufgebaut hat, zu zerstören. Fragen Sie mal in Köpenick, Strausberg oder Bad Freienwalde: Alle kennen den Museumspark, alle kennen die vielen Kultur-Events wie die Rüdersdorfer Marke der Sommeroperette oder Konzerte im Kulturhaus. Ich bin nahezu auf allen Veranstaltungen der letzten Jahre gewesen, viele Gemeindevertreter habe ich da nicht gesehen. Darum immer wieder meine Bitte: Arbeitet zusammen, holt Euch Hilfe von außen, kämpft gemeinsam für unseren Ort. Und nicht für das eigene Ego. Oder irgendwelche Parteizugehörigkeiten. Und kapiert, dass Kultur nie umsonst sein kann. Und auch nicht sein darf. Wenn wir jetzt viele Monate unsere Kulturorte nicht mehr bespielen, wird es Jahre dauern und viel Geld kosten, die Gäste wieder herzubekommen. Ich bin da wirklich ganz verzweifelt, wie man einen solchen Schatz wegwerfen kann. Es wird doch noch einen zweiten Anwalt da draußen geben, der besser erklären kann, wie man unsere Kultur retten kann mit Vertragskonstrukten, auch in einer Liquidation. Der letzte vermochte es scheinbar nicht so gut. Ich hoffe, die dunklen Wolken verziehen sich noch. 

 

Alles Gute für die Vorweihnachtszeit wünscht Ihnen trotz allem

Ihr

Stephen Ruebsa

 

Gemeinsam für Rüdersdorf.

  

Unsere Abgeordnete im Bundestag

 

 

 

 

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